Das Märchen der Pflichtverteidigung

Es gibt viele falsche Gerüchte über die Pflichtverteidigung. Ich möchte die wichtigsten davon heute richtig stellen.

1. Gerücht: Wer sich keinen Anwalt leisten kann, bekommt einen Pflichtverteidiger auf Kosten des Staates.

FALSCH! Ob ein Beschuldigter einen Pflichtverteidiger erhält, hängt nicht von seinen finanziellen Verhältnissen ab, sondern in erster Linie davon, ob die Straftat schwer genug wiegt die ihm vorgeworfen wird. Wenn der Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzt, so hat er das Recht dass ihm ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Wenn er sich nicht in Haft befindet bekommt er trotzdem einen Pflichtverteidiger, wenn ihm eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr droht. Das sind die beiden wichtigsten Regeln. Außerdem müssen Sie wissen, dass Sie einen Pflichtverteidiger oft erst dann bekommen, wenn gegen Sie schon Anklage vor Gericht erhoben worden ist. Alles Weitere zur Frage der Pflichtverteidigung kann Ihnen jeder auf das Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt erklären.

2. Gerücht: Wenn ich einen Pflichtverteidiger erhalte, so ist dies für mich kostenlos.

TEILWEISE FALSCH! Ein Pflichtverteidiger wird zwar zunächst aus der Staatskasse bezahlt. Wenn Sie jedoch verurteilt werden, so fordert der Staat die Kosten für den Pflichtverteidiger anschließend vollständig von Ihnen zurück. Bei Jugendlichen (wer zur Tatzeit 14 bis 17 Jahre alt war) und Heranwachsenden (wer zur Tatzeit 18 bis 20 Jahre alt war) kann das Gericht davon absehen, dem Verurteilten die Kosten aufzuerlegen. Lediglich wenn Sie freigesprochen werden, so ist der Pflichtverteidiger für Sie wirklich kostenlos.

3. Gerücht: Pflichtverteidiger verteidigen Sie schlechter als Wahlverteidiger.

FALSCH! Es gibt keine Unterscheidung zwischen Pflichtverteidigern und vom Mandanten beauftragten Verteidigern, den sogenannten „Wahlverteidigern“ in Deutschland. Fast jeder auf das Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt arbeitet in manchen Fällen als Pflichtverteidiger und in anderen Fällen als Wahlverteidiger, das heißt es handelt sich also nicht um unterschiedliche Anwälte sondern besagt nur, von wem sie im konkreten Fall bezahlt werden. Auch ist es erlaubt, dass ein Rechtsanwalt zwar als Pflichtverteidiger arbeitet, aber mit seinem Mandanten eine zusätzliche Bezahlung durch den Mandanten vereinbart. Sprechen Sie mit Ihrem Rechtsanwalt offen über die Frage der Bezahlung.

4. Gerücht: Ich habe das Recht, meinen Pflichtverteidiger jederzeit zu kündigen und mir einen anderen Anwalt zu suchen.

FALSCH! Grundsätzlich muss das Gericht Sie zu Beginn fragen, welchen Rechtsanwalt es Ihnen als Pflichtverteidiger bestellen soll. Wenn Sie sich aber einmal für einen Rechtsanwalt entschieden haben, ist es schwierig diesen wieder „los zu werden“. Sie können beim Gericht zwar beantragen, dass dieses den Pflichtverteidiger austauscht. Dies macht das Gericht aber nur, wenn ein ernsthafter Konflikt zwischen Ihnen und dem ersten Pflichtverteidiger vorliegt, den Sie dem Gericht auch erklären können. Wenn kein derartiger Konflikt vorliegt, so sind die meisten Gerichte zu einem Wechsel des Pflichtverteidigers bereit, wenn neben Ihnen auch Ihr alter und Ihr neuen Pflichtverteidiger mit dem Wechsel einverstanden sind, Ihr neuer Pflichtverteidiger auf die Gebühren verzichtet die schon Ihr alter Pflichtverteidiger erhält sowie der Wechsel das Verfahren nicht hinauszögert. Leider klappt es deshalb zu oft nicht mit einem Wechsel des Pflichtverteidigers und Sie müssen Ihren neuen Verteidiger deshalb von Anfang an selbst bezahlen.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung Datenschutz

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen