Bundesfinanzhof hält 6 % Zinsen für verfassungswidrig (aktualisiert am 16.06.2018)

Der Bundesfinanzhof hat in einem Beschluss vom 25. April 2018 ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Zinshöhe von 6 % zum Ausdruck gebracht. Wir wollen Ihnen die wichtigsten Fragen, die sich Steuerpflichtige aufgrund dieses Beschlusses zurzeit stellen, beantworten.

 

  1. Sind die 6% Zinsen, die das Finanzamt bisher pro Jahr für nachzuzahlende Steuern verlangt hat, jetzt rechtswidrig?

Das ist noch nicht entschieden und die endgültige Klärung dieser Frage wird wohl leider auch noch Jahre dauern. Der Bundesfinanzhof hat lediglich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der 6 % Zinsen zum Ausdruck gebracht und in dem konkreten Einzelfall die Aussetzung der Vollziehung angeordnet, also den Steuerpflichtigen gestattet, bis zur endgültigen Klärung dieser Frage die Zinsen nicht zu zahlen. Im sogenannten Hauptsacheverfahren wird der Bundesfinanzhof voraussichtlich das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich dieser Frage anrufen.

  1. Gilt die Entscheidung des Bundesfinanzhofes für alle Jahre?

Nein, der Bundesfinanzhof hat lediglich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der 6 % Zinsen für alle Jahre ab 2015 angemeldet. Es ist zwar denkbar, dass das Bundesverfassungsgericht weiter geht und auch für frühere Jahre die 6 % Zinsen für verfassungswidrig erklärt – wir halten dies allerdings für eher unwahrscheinlich.

  1. Was sollte ich tun, wenn das Finanzamt von mir die Zahlung von 6 % Zinsen fordert?

Wichtig ist zunächst einmal, dass der Zinsbescheid nicht bestandskräftig wird. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids ist Einspruch einzulegen bzw. – wenn schon ein Einspruchsbescheid vorliegt – Klage vor dem Finanzgericht zu erheben. Lediglich wenn das Finanzamt von sich aus die Zinsfestsetzung für vorläufig erklärt, müssen und dürfen Sie keinen Rechtsbehelf einlegen.

Davon unabhängig ist die Frage, ob die Zinsen erst einmal gezahlt werden (müssen) bis zur endgültigen Klärung der Frage der Verfassungskonformität der derzeitigen Zinsregelung. Wenn das Finanzamt nicht von sich aus Aussetzung der Vollziehung gewährt, können Sie dies gegenüber dem Finanzamt bzw. Finanzgericht beantragen. Das Bundesfinanzministerium hat mit Rundschreiben vom 14.06.2018 angeordnet, dass für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu bewilligen ist, so dass derzeit davon auszugehen ist, dass Ihrem Antrag stattgegeben wird. Dies ist allerdings nicht immer sinnvoll und hängt entscheidend von Ihrer individuellen Situation ab. Wir raten Ihnen dringend, dass Sie sich zunächst qualifiziert von uns beraten zu lassen.

  1. Was ist mit bestandskräftigen Altfällen?

Ob eine eventuelle Verfassungswidrigkeit der 6 % – Zinsregelung auch bei bestandskräftigen Altfällen Auswirkungen hat, hängt in erster Linie von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab. Lassen Sie sich von uns hinsichtlich der bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendigen Schritte beraten, damit Sie kein Geld verlieren!

  1. Hat die Entscheidung des Bundesfinanzhofes auch Auswirkungen auf die Zinsen, die das Finanzamt dem Steuerpflichtigen zahlen muss?

Ja, dies ist leider die Kehrseite der Medaille. Sollte das Bundesverfassungsgericht die 6 % Zinsen für verfassungswidrig erklären, so würde dies aller Voraussicht nach auch für die seitens des Finanzamtes gegenüber dem Steuerpflichtigen zu zahlenden Zinsen gelten.

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